Ein Barcamp zum Thema Kommunikationskrise wirft im Vorfeld einige Fragen auf, z.B. ob man überhaupt im öffentlichen Raum von seinen Krisen berichten möchte. Nach dem Wochenende kann ich sagen, dass das durchaus geht, wenn man sich darauf einigt, dass insbesondere Firmennamen nicht weiter öffentlich genannt werden.
Viele Barcamp-Neulinge, hohe Qualität
Am Freitag fand klassisch eine Vorstellungsrunde statt, wo sich schon herauskristallisierte, dass viele das erste Mal auf einem Barcamp waren. Dies sollte der Qualität des KrisenPRCamps aber keinen Abriss nehmen, vielleicht war es sogar förderlich.
Im Auftakt hörte ich mir an, wie das ZDF sich organisiert und wozu die Bewegung im Netz sinnvoll ist. Das ZDF hatte in den vergangenen Monaten sicherlich einige Themen zu bewältigen, wenn man sich nur mit Themen Lanz und oder Wetten dass vor Augen hält. Und die Krise beginnt dann nicht irgendwo auf Twitter, sondern auf der Titelseite der BILD – was zweifelsohne im 1. Schuss ein anderes Kaliber ist.
Inhaltlich bewegte man sich auf einem recht hohen Niveau, was sicherlich daran lag, dass man eben auch mal hinter vorgehaltener Hand Ross und Reiter nannte. Neben dem ZDF zeigte auch Deutsche Post DHL wie sie sich organisieren und welche Bereiche extra gegliedert werden, wie zum Beispiel @DHLPaket, der im Kundenservice angesiedelt ist und nicht in der Unternehmenskommunikation. Verständlicherweise.
Temporärer Shitstorm vs. ernsthafte Kommunikationskrise
Was in den einzelnen Debatten anfangs fehlte, ist die die Abgrenzung von einem Shitstorm und einer richtigen Kommunikationskrise. Ein Gespür dafür bzw. eine unausgesprochene Definition machte sich im Laufe des Tages aber bemerkbar. Virtuelle Empörungswellen sind zwar als Phänomen durchaus interessant zu beobachten, entfachen aber häufig nicht den Drive, den es für eine Kommunikationskrise benötigt. Ich denke hier an Themen wie Lanz, ADAC oder der Berichterstattung um den Prozess von Uli Hoeneß.
Der Samstag versprach das Niveau von Freitag zu halten, doch bereits nach der Sessionvorstellung (jeder schlägt sein Thema morgens vor) war klar – der Samstag wird es in sich haben. Das Interesse am Thema „Aufbau und Zerstörung von Argumenten“ war riesig, sodass nebenher nichts weiter stattfand. Torsten Rössing und Martin Ewald legten auch gut los, indem sie die Argumentationstheorie von Steven Toulmin sowie den Argumentationsräumen innerhalb der Krise an den Beispielen Hoeneß und Nestlé/Kitkat – eine spannende und lehrreiche Session, die einen perfekten Einsteig für den Samstag gewesen ist.
Der Qualitätssamstag war gefüllt von spannenden Themen, wie der Visualisierung von Nachrichtenwellen, dem Nutzen von neuen Medien im Krisenfall (Kriegsfall) mit Beispielen aus der Welt, was faszinierend und schockierend zu gleich gewesen ist.
Das KrisenPRCamp bestach durch seine Vielfalt. So fand ich mich Samstagnachmittag in einem „Workshop“ wieder. Eine Art Rollenspiel einer Kommunikationskrise, wo ein negativer Artikel auf der Titelseite des Handelsblatt veröffentlicht worden war. Es bildeten sich 2 Gruppen, die Lösungsansätze diskutierten. Die Ideen wurden in der großen Runde besprochen und letztlich mit den wirklichen Maßnahmen abgeglichen. Es war ein interessanter Austausch von Profis, wo viele Maßnahmen sich deckten, einige aber nicht unterschiedlicher hätten sein können.
Unser Eindruck vom KrisenPRCamp
Das KrisenPRcamp ist seiner Aufgabe, einen Rahmen zu bilden, um über Krisenkommunikation zu sprechen, gerecht geworden. Es ergaben sich wunderbare Debatten in den verschiedenen Sessions. Der Austausch fand auf einem hohen Niveau statt und ich habe sicherlich einige Wissenshäppchen mitgenommen. Das KrisenPRcamp war eine gelungene Veranstaltung, die ich guten Gewissens empfehlen kann. Vielen Dank Stefan Evertz und Mike Schnoor für die Organisation.