TikTok nicht für B2B-Unternehmen?
Über 10,7 Millionen Menschen sind in Deutschland derzeit auf TikTok aktiv. B2C-Marken wie Zalando, Otto und Punica haben die App längst für sich entdeckt – und erobert. Warum hapert es also bei vielen im B2B-Segment?
Während wir euch die besten B2B-Accounts auf Instagram problemlos vorstellen können, war die Recherche auf TikTok gar nicht so einfach. Dabei ist doch TikTok besonders für Start-ups mit einem riesigen Potenzial ausgestattet. Die App bietet sich hervorragend als Marketinginstrument zum Markenaufbau an, wie wir euch im Artikel Wie Unternehmen TikTok-Marketing richtig einsetzen gezeigt haben. Geht das nur im B2C-Marketing? Wir stellen uns in diesem Beitrag der Frage, ob das so ist und zeigen euch, dass tatsächlich echte Chancen in der App liegen.
Warum sehen wir keine B2B-Unternehmen auf TikTok?
Das Hauptargument gegen TikTok als B2B-Plattform ist für viele Unternehmen die extrem junge Zielgruppe. Es wird davon ausgegangen, dass sich die unternehmerischen Entscheidungsträger*innen nicht auf TikTok tummeln. Generell gibt es immer die Tendenz, dass junge Menschen zuerst auf Social-Media-Plattformen sind und die ältere Zielgruppe sich eher langsam herantraut. Sind eure Eltern jetzt auch auf Instagram? Na also! 😉 Außerdem bemerken wir den Trend, dass Gen Y und Z ihre Eltern, aber auch Chefs langsam an die App heranführen. Vor der Kamera sieht man nämlich ganze Familien, aber auch verschiedenste Personen von Unternehmen tanzen und Spaß haben.
Spaß haben ist übrigens hier das Stichwort zu einem weiteren Argument gegen TikTok: Sind da nicht nur tanzende Teenager unterwegs? Was hat mein ernst zu nehmendes Unternehmen dann dort zu suchen? Dazu können wir nur sagen: TikTok nimmt sich nicht zu ernst – aber darin liegt auch eure Chance! Außerdem wird über die Plattform immer mehr Information und Lerncontent verbreitet, z.B. mit Hashtags wie #fragnach, #lernenmittiktok oder #tüfteltok – die derzeit alle unter „Entdecken“ zu finden sind.
Zumindest vor der Kamera haben Entscheidungsträger*innen ihren Auftritt, wie die Volksbank Mittelhessen beweist:
Welche Chancen TikTok für B2B bietet
Zunächst gibt es für B2B-Brands auf TikTok sehr wenig Konkurrenz. Wer zuerst kommt, mahlt zuerst. Die große organische Reichweite, die ihr erzielen könnt, haben wir bereits erwähnt. Dazu trägt auch der interessante Algorithmus bei. Likes, Kommentare und Shares sind ausschlaggebend dafür, dass euer Video im Feed der Community erscheint. Hashtags, Clip-Beschreibungen oder spezielle Sounds und Songs machen euer Video sichtbarer. Auch steigt die Reichweite eines Clips, wenn viele User bis zum Ende dranbleiben. So weit so gut – das kennen wir von anderen Apps. Das Besondere ist aber: TikTok gibt sich Mühe, den Feed der User so abwechslungsreich wie möglich zu gestalten. Nutzende sollen immer wieder neuen Content und noch unbekannte Creator entdecken – wodurch ihr eine gute Chance auf Sichtbarkeit habt, auch ohne tausende Follower.
Selbst wenn TikTok eurer Meinung nach nicht die richtige Plattform für die B2B-Kommunikation ist – dort tummeln sich junge Nachwuchstalente! Das macht die Plattform ideal für Employer Branding. Wer Azubis oder junge Nachwuchstalente sucht, sollte sich den #work mit 17 Milliarden Aufrufen oder #lovemyjob mit 861,1 Millionen Views zu Nutzen machen.
Typische Fehler auf TikTok
Ein häufiger Fehler auf TikTok: eine schwammige Positionierung. Macht Euch vorher bewusst, welche Ziele ihr auf der Plattform habt. Der Algorithmus ist nämlich darauf ausgelegt, User*innen ähnliche Inhalte denen zu zeigen, mit denen sie bereits interagierten. Das bedeutet: Platziert ihr euch beispielsweise in der Automobil-Branche und haltet euren Content in dieser Nische, werdet ihr im For-you-Feed der Nutzer*innen sichtbar, die sich bereits andere Profile in dieser Nische angesehen haben.
Wir können es nicht oft genug sagen: Passt euch an! TikTok ist eine humorvolle, musikalische App. Recycelt bitte nicht euer letztes Video einer Kampagne oder einen Imagefilm. Generell spricht vieles dagegen, Content nur wiederzuverwerten. Schaut euch die App genau an und überlegt euch spontane, kreative Ansätze, die den Wow-Effekt haben. Klar, das ist bei manchem B2B-Produkt gar nicht so einfach. Aber wir sind davon überzeugt: Jedes Unternehmen kann mit seinen Produkten ein lustiges, spontanes Video produzieren. Oder ihr tanzt eben doch ein bisschen. 💃🕺
Wenn ihr wissen wollt, wie ihr vor allem die Generation Z auf TikTok ansprecht, empfehlen wir euch unseren Artikel Warum TikTok Werbung so anders macht – 5 Beispiele.
Welche B2B-Brands schon auf TikTok sind
Kuka:
Kuka ist ein Unternehmen, das Industrieroboter in zahlreichen Varianten herstellt. Ob Automobilindustrie, E-Commerce oder Healthcare – die Kunden des Unternehmens sind breit gefächert. Auf TikTok setzt Kuka die Roboter in verschiedensten Situationen ein. Mal spielt der Roboter Hockey, dann malt er ein Gemälde oder spielt Cello. Der gesamte Content wurde mit 72,5 K Likes versehen. Besonders beliebt war der Beitrag zur #beerchallenge mit 17,6 K Likes und über 115 K Views. Weniger gelungen finden wir, dass die Videos teilweise nicht im TikTok-Format sind und somit ganz deutlich wird, dass der Content vorproduziert und recycelt wird. Zudem könnte Kuka noch daran arbeiten, die durchaus spannenden Sequenzen mit dem Roboter geschickt einzuleiten, denn schon die ersten Sekunden der Videos zählen, damit Viewer dranbleiben.
@kukaglobal#fyp #worklife #engineering #KUKA #robot #beerchallenge #satisfying #missionimpossible♬ Mission impossible – The Spelding’s Jazz Orchestra
Würth:
Würth ist Spezialist für Montage- und Befestigungsmaterial und arbeitet nach eigenen Angaben mit über 650.000 Kunden aus Handwerk, Bau und Industrie zusammen. Die Produkte eignen sich für den Einmannhandwerksbetrieb aber auch für Industrieunternehmen. Der TikTok-Content ist eine bunte Mischung aus Produktvorstellung und lustigen Mitarbeiter-Videos. Dabei wird getanzt, gelacht und erklärt. Und beides hat Erfolg: das unten zu sehende Erklärvideo hat 11,5 K Likes erhalten, die Teilnahme an der #lovestorychallenge 16,8 K. Der Account hat mittlerweile stolze 20,6 K Follower.
Würth bleibt am Ball, setzt Challenges um und hat sich immer mehr auf die Zielgruppe eingestellt. Zwischendurch findet sich Content, dem der Wow-Effekt etwas abhanden gekommen ist, wie bei dem dritten Video unten. Dabei gilt auch zu beachten, dass die Gen Z nicht auf offensichtliche Werbung steht. Wer auf TikTok erfolgreich sein möchte, muss einfach anders denken.
@wuerth_germanyHere we go @ziehl_abegg 😜💃🕺#lovestory #lovestorychallenge & now you @wurth_italia @wurthaustralia @wurthcanarias @wurth_nederland @wuerth_hung …♬ Love Story – Disco Lines
Ziehl Abegg:
Ziehl Abegg ist im Bereich Lufttechnik, Regeltechnik, Antriebstechnik und Automotive angesiedelt. Der bisher 85.600 Mal geherzte Content findet vor allem im Bereich Employer Branding statt. Auch hier wird fleißig gewitzelt, getanzt und gesungen. Das Unternehmen postet beständig neuen Content und nimmt an Challenges teil.
Schön finden wir, dass Personen aller Altersklassen und Karrierestufen vor die Kamera treten und bereit sind, ein bisschen Quatsch zu machen. Die Clips sind humorvoll, persönlich und passen zur Zielgruppe. Auch werden Hashtags gekonnt eingesetzt und somit teilweise eine große organische Reichweite erzielt. Die musikalische Untermalung der Videos finden wir sehr gelungen, denn auch darüber erhalten Unternehmen Views.
@ziehl_abeggMonday’s. ➡️ #ziehlabegg #spaßbeiderarbeit #foryou #starwarschallenge #hinterdenkulissen #funatwork♬ Imperial March (From „Star Wars“) – Divert’in Brass
Wie TikToker B2B-Themen umsetzen
Nicht nur Unternehmen posten Clips, die in den B2B-Bereich passen würden. Einige TikToker machen vor, was B2B-Unternehmen eigentlich posten könnten und erzielen damit eine erstaunliche Reichweite. Alleine der Hashtag #Liebherr hat 54,2 Millionen Aufrufe – das Unternehmen hat aber keinen Account. Das bedeutet: User generieren eventuell bereits Content für euer Unternehmen, warum tut ihr es dann nicht!?
Gary Reilly – Kran-Influencer
Gary Reilly ist Maschinenbediener und postet kontinuierlich Eindrücke aus seinem Arbeitsalltag. Das Spannende: Er zeigt uns Bilder, die wir sonst kaum zu sehen bekämen. Zum Beispiel: die Aussicht von einem Kran (76,6 K Views), das Aufladen eines Containers auf einen Truck (986,4 K Views) oder den Aufstieg zu seinem Arbeitsplatz (104,6 K Views). Was er uns zeigt ist, dass eben der Content, den wir auf TikTok nicht vermuten würden, super läuft. Sein Vorteil ist dabei durchaus der Wow-Faktor, denn er zeigt uns ganz besondere Seiten seines Berufes und bringt immer eine Prise Humor mit ein. Wir raten euch deshalb, einfach einmal von außen auf euer Unternehmen zu blicken und euch zu überlegen, was die Community daran faszinieren könnte.
@garyreilly_Tight bit of discharging this morning unloading the well of the ‘Ceres’.😁👌 #cranelife #fyp #shipping #transport #liebherr #farmer #agri #sts♬ Smells Like Teen Spirit – Nirvana
#oddlysatisfying Momente, die ihr in eurem Unternehmen finden könntet:
- Das Herstellen eines Produkts, zum Beispiel in einer Presse
- Das genaue Schneiden eines Produkts
- Beeindruckende Produktionsmechanismen
- Ein Finishing eines Produkts
- Spannende Aussichten
Awesome Earthmovers
127.2 K Follower für Bagger? 🤔 Tja, genau das erreicht der Account awesome_earthmovers. Hier sehen wir jede Menge Geräte bei der Arbeit. Ob die Ansicht unter den Hashtag #oddlysatisfying fällt und daher der Erfolg kommt? Genau können wir es nicht sagen. Was wir aber wissen: solche Videos könnten viele B2B-Unternehmen im Handumdrehen aufnehmen. Die über 926.8 K Likes zeigen jedenfalls, wie gut solcher Content ankommt.
Unsere Tipps für den Start als B2B-Business auf TikTok
- Passt euch der Zielgruppe auf TikTok an
- Überlegt, was in eurem Unternehmen faszinierend sein könnte
- Vermeidet zu offensichtliche Werbung & werdet kreativ
- Recycelt niemals alten Content
- Zeigt Humor & Persönlichkeit
Wir finden, dass sich auf jeden Fall mehr B2B-Brands an die App herantrauen sollten. Habt ihr zum Beispiel Praktikant*innen im Betrieb, die im Alter der Zielgruppe sind? Dann lasst diese Ideen ausarbeiten oder ein paar Tage im Unternehmen filmen. Vielleicht kommen genau die Spots dabei heraus, die zur App passen – ohne einen riesigen Kostenaufwand.
Wenn ihr jetzt Lust auf die junge App bekommen habt – aber euch einfach die Ideen fehlen, meldet euch bei uns! Gemeinsam finden wir bestimmt einen Weg, mit dem ihr euch wohlfühlt und der zu TikTok passt. Ihr fühlt euch noch komplett verloren im B2B-Social-Media-Dschungel? Dann ist unser kostenfreier Guide genau der richtige Start!